Wie du erkennst, ob du den Menschen oder deine Vorstellung liebst
Schmetterlinge im Bauch, Herzklopfen beim Schreiben, das Kribbeln, wenn eine Nachricht kommt – die Kennenlernphase kann sich magisch anfühlen. Alles wirkt aufregend, intensiv und irgendwie „besonders“.
Doch manchmal ist dieses Hochgefühl weniger ein Zeichen echter Verbindung, sondern das Resultat einer Projektion: Wir verlieben uns nicht in den Menschen, sondern in das, was wir in ihn hineinsehen.
Was bedeutet Projektion in der Liebe überhaupt?
Projektion ist ein psychologischer Mechanismus, bei dem wir eigene Wünsche, Bedürfnisse oder unerfüllte Sehnsüchte auf eine andere Person übertragen.
Im Alltag klingt das so:
- „Er ist bestimmt genau der, der mich endlich versteht“.
- „Sie ist so ruhig. Sie bringt bestimmt Stabilität in mein Leben“.
Das Problem? Oft kennen wir den anderen noch gar nicht richtig. Wir füllen die Lücken mit unseren Hoffnungen – und merken erst später, dass die Realität anders aussieht.
Typische Anzeichen, dass du projizierst
Vielleicht erkennst du dich in einem dieser Punkte wieder:
- Du idealisierst den anderen, obwohl ihr euch kaum kennt.
- Du denkst ständig an die Zukunft („Er ist der Richtige!“ – nach drei Dates).
- Du ignorierst kleine Warnsignale oder red flags.
- Du bist enttäuscht, wenn er oder sie nicht so reagiert, wie du es „erwartet“ hast.
Wenn du beim Lesen innerlich genickt hast – keine Sorge. Projektion ist menschlich. Sie zeigt, dass du tiefe Sehnsüchtehast. Die gute Nachricht: Du kannst lernen, bewusster zu lieben.
Der feine Unterschied zwischen Liebe und Projektion
Echte Liebe wächst aus Begegnung, nicht aus Vorstellung.
Sie sieht den anderen so, wie er ist – mit Stärken und Schwächen.
Projektion dagegen liebt das Bild im Kopf – eine Fantasie, die oft aus alten Erfahrungen entsteht.
Ein einfaches Beispiel:
Wenn du in deiner letzten Beziehung zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hast, kann es passieren, dass du beim nächsten Partner jedes kleine Zeichen überinterpretierst („Er schreibt mir jeden Tag – das ist wahre Nähe!“).
In Wahrheit ist es vielleicht nur seine normale Kommunikationsweise.
So erkennst du, ob du wirklich ihn/sie liebst oder deine Vorstellung
Stell dir ehrlich folgende Fragen:
- Kenne ich ihn/sie wirklich – oder nur meine Idee von ihm/ihr?
- Bin ich bereit, auch Seiten zu sehen, die mir weniger gefallen?
- Will ich diesen Menschen – oder will ich, dass er ein bestimmtes Gefühl in mir auslöst?
- Bin ich verliebt – oder einfach erleichtert, endlich „jemanden“ gefunden zu haben?
Diese Fragen tun gut – auch wenn sie manchmal herausfordernd sind. Sie holen dich zurück in die Realität. Und genau dort entsteht echte Nähe.
Wie du aus Projektion echte Verbindung machst
- Erkenne deine Muster: Welche Bedürfnisse wünschst du dir, dass dein Gegenüber erfüllt? Aufmerksamkeit, Sicherheit, Bestätigung? Wenn du sie benennen kannst, gehören sie dir – nicht dem anderen.
- Lerne, bei dir zu bleiben: Verliere dich nicht im „Wir“, bevor es ein „Wir“ gibt. Erinnere dich regelmäßig: Du bist vollständig – mit oder ohne diesen Menschen.
- Übe dich in Präsenz: Anstatt ständig über die Zukunft nachzudenken („Wo führt das hin?“), bleibe im Moment. Begegne, statt zu planen.
- Vertraue deinem Tempo: Echte Verbindung braucht Zeit. Wenn du dir erlaubst, langsam zu gehen, erkennst du klarer, ob da wirklich Tiefe ist – oder nur ein schönes Bild.
Fazit
Projektion ist keine Schwäche, sondern eine Einladung: Sie zeigt dir, was du dir selbst noch geben darfst.
Je mehr du deine eigenen Bedürfnisse kennst, desto freier kannst du lieben – und desto echter werden deine Begegnungen.
Denn Liebe ist kein Film, den du dir ausmalst.
Liebe ist das, was bleibt, wenn die Projektion verblasst – und du den Menschen dahinter wirklich siehst.
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